Artikel vom 08.05.2008




Die Mitteldeutsche Zeitung meldet heute in ihrem Lokalteil „Halle-Saalekreis“:
„Widerspruch ist nicht immer kostenlos. Das hat MZ-Leserin Elke Hahn jetzt erfahren. Die Frau aus Hohenthurm hatte sich gegen einen Bescheid der Kreisverwaltung aufgelehnt. Dieser wies erhöhte Kosten für die Abfallentsorgung aus, gegen die sich die Betroffene zur Wehr setzen wollte.
Auf ihren Widerspruch flatterte Elke Hahn eine Rechnung nicht nur eine ausführliches Schreiben, sondern auch noch eine Rechnung über 28,45 Euro ins Haus. Diese Forderung setzt sich zusammen aus einer Stunde Arbeitszeit für einen Beamten des mittleren Dienstes, der den Fall bearbeitete. Das schlug mit 25 Euro zu Buche. Hinzu kamen 3,45 Euro als Gebühren für die Zustellung des Bescheides. Die Hohenthurmerin: "Ich bin empört, so werden die Bürger doch mundtot gemacht." Wer übe denn noch eine Kritik, so ihre Sorge, wenn man dann postwendend zur Kasse gebeten werde.“

Soweit der Bericht
Viele Bürger bemerken offenbar erst nach und nach, was sich hier ereignet hat. Mit salbungsvollen Worten erklären uns die Kandidaten der Parteien vor den Wahlen, wie engagiert sie als gewählte Repräsentanten zum Wohle der Bürger die Landespolitik gestalten wollen. Nach der Wahl treten sie uns dann aber mit Engagement vor das Schienbein. Mit dem so genannten 2. Investitionserleichterungsgesetz vom 16. Juli 2003 wurde ganz nebenbei das Kommunalabgabengesetz verändert und dort in § 4 Abs. 3a an versteckter Stelle geregelt, dass die Kommunen Gebühren für erfolglos eingelegte Widersprüche erheben können.

Die Zielrichtung ist klar. Der Gesetzgeber betrachtet den Bürger als potentiellen Querulanten, der durch hohe Gebühren davon abgeschreckt werden soll, hoheitliches Handeln in Frage zu stellen. Das Gerede vom selbstbewussten, „mündigen“ Bürger, mit dem man vor Wahlen in einen Dialog treten will, wird zur Farce, weil man nach dem Erhalt der Wählerstimme patzig dem wählenden Bürger über Gebührendrohungen die Geltendmachung seiner Rechte vergällen möchte. Jeder Bürger mag sich überlegen, ob er bei den nächsten anstehenden Wahlen daraus Konsequenzen ziehen möchte.

Bürgerfreundliches Handeln sieht anders aus. Auch der Landkreis hätte –trotz Gebührensatzung – hier die Möglichkeit gehabt, durch ein formloses Schreiben die Betroffene über die Rechtslage aufzuklären und ihr erst einmal nahezulegen, den eingelegten Widerspruch kostenfrei zurückzunehmen. Viele Kommunen und Verbände handeln auch tatsächlich so. Indem der Landkreis sich hier auf eine formale Rechtsposition zurückzieht, zeigt er, dass er nicht verstanden hat, dass er eine Serviceleistung FÜR den Bürger zu erbringen hat und dieser auch erwarten kann, mit Respekt und einer gewissen „Fürsorge“ behandelt zu werden. Schließlich sollte der Sachbearbeiter nicht vergessen, dass auch sein Arbeitsplatz von eben diesem Bürger bezahlt wird.


Wolf-Rüdiger Beck