Artikel vom 12.06.2008




Sie scheint ungeahnte Potenziale zu haben, die so genannte "Abwasserweiche". Während durch herkömmliche dezentrale Anlagen gereinigtes Abwasser mit Badegewässerqualität nach EU-Richtlinie nicht in die besonders schützenswerten Gewässer 1. Ordnung eingeleitet werden darf, so eröffnet die "Abwasserweiche" hier ganz neue Möglichkeiten. In das Gewässer wird durch diese Technologie nur noch so genanntes "relativ sauberes Wasser" eingeleitet. Einziger Nachteil: Das Gewässer stinkt mächtig, was sich jedoch mit der Verrohrung desselben leicht aus der Welt schaffen lässt.

Worum geht es? In den 90er Jahren wurden häufig Mischwassersysteme gebaut, das heißt, das Regenwasser und das Schmutzwasser werden in einem gemeinsamen Rohr abgeleitet. Heute werden diese im ländlichen Raum unwirtschaftlichen Systeme nicht mehr gefördert. Beim Straßenausbau wurde in vielen Fällen die Kanalisierung gleich mit erledigt. Diese Mischwassersysteme müssen heute in die neuen Schmutzwassersysteme eingebunden werden. Diese können das viele mit Fäkalien vermischte Regenwasser nicht immer fassen. Im AZV Nebra wurde unlängst eine Lösung für dieses Problem gefunden, die "Abwasserweiche". In dem 500-Seelen-Ort Oberschmon (Saalekreis) wurden über zwei Millionen Euro für ein zentrales System verbaut. Es floss eine Million Euro Fördermittel. Dezentrale Anlagen wurden von der Wasserbehörde abgelehnt, da der Schmoner Bach, vom Land als Gewässer 1. Ordnung eingestuft, unbedingt geschützt werden müsse. Heute stinkt es in dem Ort bei Regen bestialisch. Schuld daran ist die Abwasserweiche.

Der Geschäftsführer des zuständigen AZV Nebra, Andreas Stausberg (enviaAQUA) erklärt die Technologie der Abwasserweiche in einem MZ-Artikel ("Viel Gestank am Sperlingsberg", Landbote, 10. Juni 2008) wie folgt:

"Sie soll bei schönem Wetter das ankommende Schmutzwasser komplett in den neu verlegten Kanal leiten. Bei Regen, wenn dort viel mehr Wasser ankommt, soll durch die Weiche der dünne Abschlag in den Bach geleitet werden, die dicke Flüssigkeit indes in den Kanal."

Diese Technologie scheint aber noch nicht ganz einwandfrei zu funktionieren. Der Geschäftsführer wird im MZ-Artikel wie folgt zitiert: „Wir werden jetzt die provisorisch eingesetzte Holzbohle im Schacht ersetzen durch ein Blech mit Gitter. Das soll die Grobstoffe abfangen, so dass nur noch relativ sauberes Wasser in den Bach fließen kann.“ Die MZ weiter über die Ausführungen Stausbergs: "Dieses Gitter werde man dann regelmäßig säubern, so dass das Problem dann gelöst sein sollte." Zur Beseitigung der Geruchsbelästigung schlägt Stausberg gegenüber der MZ vor, dass "der Bach verrohrt werden sollte". Dann könne gar keine Geruchsbelästigung mehr auftreten.

Wir sind uns sicher, dass diese Technologie noch für viele Orte in Sachsen-Anhalt von Bedeutung sein kann. Vorhandene 3-Kammergruben müssten lediglich durch Ausfahrgruben in Kombination mit einer Abwasserweiche ersetzt werden und schon ist auch die strengste Wasserbehörde zufrieden gestellt. Die Kosten für die Verrohrung der Gewässer sollten sich in Grenzen halten. Und für die Abwasserweichen dürfte es sogar noch Fördermittel geben.

A. Löhne