Artikel vom 02.07.2008




Mit "Argwohn" hat das Land auf den nun vorliegenden Gebührenvergleich reagiert. Die MZ berichtet in ihrer heutigen Ausgabe, dass das Umweltministerium die Zahlen für "nicht nachvollziehbar" hält. Dabei würde ein Blick in die Satzungen oder ein Anruf bei der jeweiligen Geschäftsführung genügen. Es wird bemängelt, dass der Vergleich deswegen hinke, weil nur die Gebührenseite betrachtet worden sei, nicht aber auch die weiteren Kosten wie Anschlußbeiträge, Hausanschlußkosten oder Baukostenzuschüsse in die Betrachtungen mit einbezogen wären.

Dass die Bürger in den ländlichen Räumen - zusätzlich zu ihrer weit überdurchschnittlichen Kostenbelastung für den Abwasserverbrauch - darüber hinaus auch noch mit weiteren, erheblichen Belastungen für Beiträge und Anschlußkosten zu rechnen haben, wird diese aber nicht wirklich trösten.
Richtig ist natürlich, dass sich bei einer Einbeziehung dieser Kosten gewisse Veränderungen im Ranking der Verbände ergeben können. Die Einbeziehung ist aber ohne Einfluss auf die bleibende Grundtatsache der gravierenden Spreizung der Kostenbelastung in den Verbänden des Landes. Das zeigt eine Stichprobe.

Im zweitgünstigsten Verband "Bad Kösen" (Burgenlandkreis) beträgt der Beitragssatz nur 2.- €/ m² anrechenbarer Fläche, also 1800.- € für ein durchschnittlich 900 m² grosses, eingeschossiges Grundstück.

Im AZV Fuhne, der zu den 10 teuersten Verbänden gehört, beträgt der Beitragssatz 3,27 €/m², also insgesamt 2943 € für ein 900 m² grosses, eingeschossiges Grundstück. Also über 50% mehr als in Bad Kösen. Dieses Beispiel zeigt, dass gebührenteure Verbände nicht etwa besonders niedrige Beitragssätze aufweisen oder dass günstige Gebühren in einem Verband nicht etwa automatisch durch besonders teure Beiträge oder Hausanschlußkosten kompensiert werden. Von einheitlichen Lebensbedingungen im Land sind wir damit weit entfernt.

Fest steht, dass die im Land geschaffenen Strukturen die Menschen weit über die Schmerzgrenze hinaus belasten. Es kann nicht an der Tatsache vorbeigegangen werden, dass die durchschnittliche Kostenbelastung der Betroffenen im ländlichen Raum weit über dem Bundesdurchschnitt liegt, völlig unabhängig davon, welchen Rang nun der einzelne Verband im Gesamtvergleich des Landes einnimmt. Das ist die wesentliche Botschaft der Erhebung.

Sofern das Land unserer Kritik an der Förderpolitik damit begegnet, dass darauf hingewiesen wird, dass auch kleinere Teillösungen gefördert werden, bleibt doch die Frage offen, weshalb anders als in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen in unserem Land Kleinkläranlagen eben nicht gefördert werden (s. MZ-Beitrag vom 27.5.2008) auch weiterhin nicht gefördert werden sollen.

Das Beispiel der Kläranlage Rollsdorf, die ursprünglich vollkommen überdimensioniert geplant und zudem auf geologisch schwankendem Grund gebaut wurde, zeigt, wie hartnäckig das Land an einer Zentralisierungsideologie festhält. Unter dem Druck des Lands mußten unwirtschaftliche kilometerlange (10,8 km) Druckleitungen als Verbindungsleitung von der Kläranlage Eisleben errichtet werden, um die einmal in Rollsdorf geschaffenen Kapazitäten besser auszulasten. Helfta und andere fern liegende Gemeinden müssen nach Rollsdorf einleiten. Allein die geologische Stabilisierung der KA Rollsdorf verschlingt jährlich rund 50.000.- €. Vernünftige wirtschaftliche Alternativlösungen wurden vom Land unterbunden. Vielmehr wurde nun noch die Fusion der Verbände "Einzugsbereich Eisleben" und "Süsser See" durchgesetzt. Getreu dem Motto, dass die schlimmsten Fehler in der Absicht begangen werden, einen einmal gemachten Fehler wieder gut zu machen (Jean Paul), perpetuiert das Land den hier eingeschlagenen katastrophalen Weg. Die Zeche zahlen am Ende die Bürger. Trotz (oder wegen) der vom Land bereitgestellten Millionen für vollkommen absurde, auf Dauer nicht wirklich tragfähige und unwirtschaftliche Lösungen.

Das Land täte gut daran, nicht einfach nur abzuwiegeln, sondern die Bestandsaufnahme nüchtern zu betreiben. Insofern ist zu begrüssen, dass nun endlich eigene, vergleichende Erhebungen geplant sind.

Wolf-Rüdiger Beck

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