Artikel vom 27.11.2008




Bericht von der Demonstration am 13.11.08 vor dem Verwaltungsgericht Cottbus

von Johannes Madeja

An diesem Tag war eine Demonstration von 60 Verbündeten der Grogers und überwiegend in gleicher Weise Betroffenen in Cottbus vor dem Verwaltungsgericht. Zu den Forderungen gehören - man konnte sie als Sprechchöre hören und auf Transparenten lesen - solche Selbstverständlichkeiten, wie:

Rechtsstaat heißt Rechtssicherheit für jeden Bürger! Wir sind das Volk!
Keine politischen Urteile! Sie sind das AUS des Rechtsstaates!
Keine Rechtsbeugung durch Gerichte! Rechtsbeugung zerstört die Demokratie!
Die Verwertung von Wasser ist unsere gesetzliche Pflicht!
Wer uns an der Ausübung dieser Pflicht hindert betreibt Machtmißbrauch!
Kein Mißbrauch des Anschluß- und Benutzungszwangs!

Vor diesen Wahrheiten und Forderungen haben die Richter, hat dieser Staat Angst. Sie haben den Teilnehmern an der Demonstration, später "Öffentlichkeit" im Gerichtssaal, die Texte für den Sprechchor abgenommen. Diese "Waffe" war zu gefährlich!

Zehn Jahre Staatsterror gegen die Bürger von Briesensee

Seit 1998 versucht das Amt Oberspreewald, die Bürger von Briesensee gewaltsam an den öffentlichen Abwasserkanal zu zwingen - mit Erfolg, abgesehen von dem Grundstück der Grogers. Hier gibt es seit mehr als 20 Jahren eine Anlage zur Aufbereitung und Reinigung von Schmutzwasser. Das Wasser wird vollständig auf dem Grundstück verwertet, teilweise im Kreislauf gefahren. Das gereinigte Wasser hat Badewasserqualität, hinsichtlich der Koloniezahlen sogar Trinkwasserqualität. Frau Groger ist Bürgermeisterin der Gemeinde Briesensee und maßgebliche Initiatorin von mehreren Beschlüssen, eine Kanalerschließung dieses kleinen Dorfes nicht zuzulassen. Über diesen Beschluß hat sich das Amt hinweggesetzt. Briesensee wurde zwangskanalisiert. Am 10.09.2008 wurde auch das Grundstück der Grogers unter Einsatz von massiver Polizeigewalt zwangsweise an den Kanal angeschlossen und gleichzeitig der Zulauf zur Reinigungsanlage auf dem Grundstück zerstört.

Die Gerichtsverhandlung - Erörterung der Sach- und Rechtslage

In der Gerichtsverhandlung ging es insbesondere um folgende Fragen:
Ist die gewaltsam durchgeführte "Ersatzvornahme" - zwangsweiser Anschluß des Wohnhauses an den Kanal - nun abgeschlossen oder nicht? Derzeitiger Stand: Die Zuleitung zum Wohnhaus haben Grogers wieder entfernt und die Verbindung mit der eigenen Anlage wieder hergestellt. Nach wie vor - Stand Dez. 2007 - besteht jedoch die Möglichkeit, ggf. vorhandenes überschüssiges, nicht benötigtes Wasser in den Kanal einzuleiten. Aus diesem Grunde war der dauerhafte Anschluß des Wohnhauses nicht nur unnötig sondern angesichts des Einsatzes von massiver Gewalt auch unverhältnismäßig, nach Gesetzeslage sogar rechtswidrig. In Brandenburg gilt aber nicht das Gesetz sondern Richterrecht, die sog. Rechtsprechung.

Weiter ging es um die Frage, ob der Kontrollschacht überhaupt auf dem Privatgrundstück hätte errichtet werden dürfen, ob die Androhung und Festsetzung der Ersatzvornahme rechtens oder rechtswidrig waren - auch unter dem Aspekt der Unverletzlichkeit der Wohnung - und ob die Bescheide rechtswidrig waren oder ggf. hinfällig sind. Die Klägerin, Frau Groger, hält die Bescheide für rechtswidrig. Darüber wird das Gericht zu entscheiden haben.

Urteile aus anderen Bundesländern - hier z.B. Bayern - geben eine klare Antwort.
In Bayern kommt lediglich ein Zwangsgeld in Frage. Nach OVG Niedersachsen in Lüneburg kommt eine Vollstreckung nur dann in Frage, wenn von der Anlage eine reale Umweltgefährdung ausgeht, die von der Behörde nachzuweisen ist. Hier gilt die Unverletzlichkeit der Wohnung als hohes Gut. Nicht so im Land Brandenburg!

Nach Auffassung des OVG Brandenburg ist die Einschränkung der Unverletzlichkeit der Wohnung auf Vollstreckungsebene zulässig. Zur Vollstreckung reicht eine abstrakte Gefährdung aus. Auch Anlagen mit höherem Umweltstandard als etwa das zentrale Klärwerk genießen keinen Bestandsschutz - jedenfalls nicht in Brandenburg!

Hintergründe, Gesetzeslage, Zuständigkeiten
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Nach Auffassung der Beklagten, hier also des Amtes, kommt es nicht darauf an, ob eine reale Gefährdung vorhanden ist (die es ja nicht gibt und nicht nachweisbar ist!). Es genügt der formale Aspekt der Gefährdung, was immer man darunter verstehen mag. Das ist Grund genug, den Anschluß zu erzwingen. Wir kennen den wahren Grund. Es ist nicht irgendeine abstrakte Umweltgefährdung. Es geht allein um Geld, um Beiträge und Gebühren. Deshalb darf es keinen sog. Präzedenzfall geben. Die Behauptung, daß es auf Gebühren und Beiträge hier nicht ankomme - so der Anwalt des Amtes im Gerichtssaal - entspricht nicht den Tatsachen! Im Klartext geht es dem Amt um die Durchsetzung eines Prinzips, natürlich ausschließlich aus fiskalischen Gründen!

Nach Auffassung von Dr. Schacht, Anwalt von Frau Groger, ist die einseitige Konzentration auf den
Anschlußzwang die "völlig falsche Spur". Entscheidend wäre das Problem der Benutzung, das jedoch gelöst ist.

Die Klägerin ist bereit, dem Amt überschüssiges, nicht benötigtes Wasser anzudienen und dazu die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen. Natürlich ist vorrangig zu klären, ob durch die Klägerin Wasserrecht berührt wird, Wasserrecht also überhaupt anwendbar ist.
Dr. Schacht: Im Falle der Verwertung gilt Abfallrecht, zumal ja gar kein Gewässer benutzt wird. Wenn Wasserrecht nicht anwendbar ist - die Anlage arbeitet ohne Gewässerbenutzung außerhalb des Wasserrechts - hat das Amt keineZuständigkeit!

Um seine Zuständigkeit zu begründen versteigt sich das Amt zu der Behauptung, die Verdunstung von Wasser aus Bäumen, Sträuchern, Teichpflanzen ... sei eine illegale Abwasserbeseitigung. Das halte nicht nur ich - zurückhaltend ausgedrückt - für Schwachsinn.

Gericht in der Bredouille

Schließlich ging es um die Frage, ob von der Anlage der Klägerin eine potentielle Gefährdung der Volksgesundheit ausgeht. Jedenfalls wird von der Gegenseite dieser Vorwurf erhoben. Die Klägerin verwies darauf, daß diese Gefährdungen im Falle der Frau Angela Zimmer (Umweltpreis für eine ähnliche Anlage im Landkreis Potdam Mittelmark) oder im Falle des Herrn Minister Baaske offenbar nicht gesehen werden.

Die Klägerin übergab dem Gericht eine Reihe von Unterlagen zur Funktion ihrer Wasseraufbereitungs-
Anlage mit Dokumenten, Gutachten, Analysen und Pressemitteilungen, Beschlüsse ..., die den
Vorwurf der Umweltgefährdung ad absurdum führen. Wir dürfen nun gespannt sein, wie das Gericht entscheidet. Das Gericht besteht hier lediglich aus einem Einzelrichter, weil die Angelegenheit angeblich keine besonderen Schwierigkeiten aufweist.

Sobald das Urteil vorliegt, wird weiter berichtet.

Johannes Madeja