Artikel vom 12.08.2010




Stendal weist einen problematischen Weg. Denn bei näherem Hinsehen soll doch wieder nur der Bürger und Gebührenzahler selbst das richten, was in der Vergangenheit politisch fehlgesteuert wurde. Oft übrigens gegen viele warnende Hinweise von Betroffenen und Bürgerinitiativen.

Jetzt sollen also durch die unterschiedliche Gebührenstaffelung – je nach Entfernung von der Ver- oder Entsorungseinrichtung – die Betroffenen gegeneinander ausgespielt werden. Sie sollen es selbst richten und miteinander streiten. Auch das mag ja eine Methode sein, von der eigentlichen Problematik abzulenken. Für den Abwasserbereich ist das Modell „Stendal“ abzulehnen. Denn in aller Regel haben die Bewohner in der Peripherie und in den ländlichen Bereichen die überteuerte und überdimensionierte Infrastruktur über Beiträge längst selbst unter großen Opfern und unter dem massiven Druck der Politik bezahlt. Und weil die Verteilung der Kosten zumeist nach Grundstücksgrößen erfolgt, sogar überproportional gegenüber den Bewohnern der Ortskerne und Städte. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sie dann nochmals überproportional über höhere Gebühren zur Kasse gebeten werden.

Durch den Anschluß-und Benutzungszwang hat man ihnen keine Wahl gelassen. Sie mussten sich einer zentralen Entsorgung beugen,selbst wenn das für sie selbst wirtschaftlich unsinnig war. Niemand soll sich einer „solidarischen Lösung“ entziehen können. Denn nur so lässt sich in den Augen der Verbände eine zentrale Lösung wirtschaftlich darstellen. Das ist die Grundlage eines Anschlusszwangs. Nun soll dieses Solidarprinzip auf einmal nicht mehr gelten, wenn es um die Gebühren geht? Solidarität als Einbahnstraße?

Leider fällt Kommunen und Politik selten etwas anderes ein, als die Bürger mit neuen Kosten zu belasten. Dabei gibt es in den Preiskalkulationen deutlichen Spielraum. Mehr als 50 % aller Kosten werden durch kalkulatorische Zinsen und Abschreibungen erzeugt. Die Bürger bezahlen also die Einrichtung zunächst über die Beiträge und dann sofort noch ein zweites Mal über die Abschreibungssätze in den Gebühren und er darf darüber hinaus auf das selbst eingesetzte Kapital Zinsen entrichten. Hier langen die Kommunen und Verbände oft großzügig zu. Die Höhe des Zinssatzes für das entscheidende Veranlagungsjahr ist an den langfristigen Verhältnissen am Kapitalmarkt zu messen. Diese werden abgelesen am langjährigen Durchschnitt der sogenannten Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten.. Schon geringfügige Anpassungen könnten zu erheblichen Gebührensenkungen führen. Daran besteht aber wenig Interesse, denn auf diese Weise lassen sich elegant „versteckte“ Mehrerlöse erzielen. Stattdessen erfindet man nun ein Modell, das diese eigentlich unzulässigen Kalkulationsgewinne gestaffelt auf Ortsnahe und Ortsferne Anwohner verteilt. Eine mutige Lösung, wie Alexander Schierholz in der MZ sinniert? Restzweifel bleiben..

Wolf-R. Beck

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