Artikel vom 15.07.2016




Nach dem Urteil des BVerfG vom 12.11.2015 stellen sich für die Brandenburger Politik und für die betroffenen Bürger zahlreiche Fragen.

Diese hat das dortige Innenministerium nun zusammengefaßt und die Antworten dazu veröffentlicht (siehe unten).

Danach zeichnet sich ab, dass das Land nicht davon ausgeht, dass flächendeckend Erstattungen für bereits bezahlte und rechtskräftig erhobene Herstellungsbeiträge II erfolgen werden. Ähnlich dürfte die Politik auch in Sachsen-Anhalt reagieren, wenn sich hier nach Anrufung der Verfassungsgerichte eine ähnliche Rechtslage ergeben sollte.

Ein Auszug aus dem Brandenburger Papier:

"Ein Anspruch auf Aufhebung der Bescheide besteht nur für noch nicht bestandskräftige Bescheide. Das sind Bescheide, die noch angefochten werden können oder über deren Widerspruch oder Klage noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Die Aufhebung des Bescheides bewirkt, dass der Beitragszahler einen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Beiträge durch den Aufgabenträger hat. Bereits bestandskräftige - also nicht mehr anfechtbare Beitragsbescheide – müs- sen dagegen nicht aufgehoben werden, ein Anspruch auf Rückerstattung der bezahlten Beiträge besteht nicht. Das ergibt sich aus § 79 Abs. 2 Bundesverfas- sungsgerichtsgesetz. Dort steht auch, dass diese bestandskräftigen Bescheide nicht mehr vollstreckt werden dürfen. Das bedeutet, dass noch nicht gezahlte Beiträge auf bestandskräftige Bescheide nicht mehr vereinnahmt werden können. Dieses Vollstreckungsverbot erfasst auch die Fälle, in denen Beiträge gestundet bzw. Ratenzahlungen vereinbart wurden.


Ist derjenige, der im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderungen gezahlt hat, jetzt „der Dumme“?

Diese Frage ist gut nachvollziehbar. Sie beschäftigt nicht nur die betroffenen Beitragszahler, sondern auch die Aufgabenträger. Diese können im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens auch entscheiden, dass sie auch b ereits rechtswidrige bestandskräftige Beitragsbescheide gemäß § 130 Abs. 1 AO (freiwillig) aufheben. Diese Entscheidung muss sorgfältig abgewogen werden , weil die Bestandskraft von Abgabenbescheiden letztlich der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden dient. Zudem muss die ordnungsgemäße Wasserver- und Abwasserentsorgung auch zukünftig noch gewährleistet sein. Die zuständigen kommunalen Aufgabenträger müssen also ihre eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beachten und müssen zunächst ein tragfähiges Konzept erstellen, ob und wie die freiwilligen Beitragsrückzahlungen finanziert werden können. Auch wenn nicht alle Beiträge zurückerstattet werden, muss doch der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit auch im Hinblick auf eine Gesamtfinanzierung des Investitionsaufwandes durch Beiträge und Gebühren beachtet werden. Das bedeu- tet, dass ein Belastungsausgleich zwischen Beitrags - und Nichtbeitragszahlern auf der Gebührenseite erfolgen muss."

Darüber hinaus deutet sich an, dass die Landesregierung davon ausgeht, dass die Verbände im Falle einer Beitragsrückzahlung den begünstigten Bürgern höhere Gebühren in Rechnung stellen werden.

Im veröffentlichten Papier heisst es hierzu:

"Auch wenn nicht alle Beiträge zurückerstattet werden, muss doch der Grundsatz der Abgabeng e- rechtigkeit auch im Hinblick auf eine Gesamtfinanzierung des Investitionsaufwandes durch Beiträge und Gebühren beachtet werden. Das bedeutet, dass ein Belastungsausgleich zwischen Beitrags - und Nichtbeitragszahlern auf der Gebührenseit e erfolgen muss. Das aufgebrachte Beitragsvolumen darf in der Gebührenkalkulation nur denjenigen zu Gute ko m- men, die Beiträge gezahlt und nicht erstattet bekommen haben (so auch das Oberverwaltungsg e- richt vom 6. Juni 2007 , Az. 9 A 77.05 ) . Also müssen die beitragsbelasteten Nutzer niedrigere G e- bühren zahlen als die, die ihren Beitrag zurückerhalten oder gar keinen Beitrag entrichtet haben."

Wolf-R. Becvk

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