Artikel vom 27.01.2017




Das Urteil hat heftige Reaktionen ausgelöst und führte zu einer Flut von Anfragen. Besonderes Unverständnis hat diese Passage aus der Pressemitteilung des Gerichts hervorgerufen: "Für noch offene Altfälle aus der Zeit ab 1991 hat der Gesetzgeber eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2015 festgelegt. Noch ältere Fälle aus der Zeit davor sind von der Beitragspflicht nicht betroffen."

Diese Formulierung ist mißverständlich. Gemeint ist hier lediglich, dass auch für die sog. Altanschließer, also für Betroffene, die schon zu DDR-Zeiten einen Anschluß hatten, nur solche Kosten für die Investitionen in Rechnung gestellt werden können, die NACH dem 15.06.1991 entstanden sind. Teilweise wird unterstellt, das Gericht hätte behauptet, dass DDR-Altfälle nicht betroffen sind. Das ist unrichtig.

Seltsam formuliert ist auch der Satz:
"Ein Vertrauen von Anschlussnehmern, auf Kosten der Allgemeinheit nur deshalb von der Beitragspflicht freigestellt zu werden, weil sie in den letzten Jahren noch nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden sind, ist durch die Verfassung nicht geschützt."

Wie anders klingt hier das BVerfG in seiner Entscheidung vom 05.03.2013:

"Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss."

Und weiter:
"Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist. Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge."

Nichts davon scheint bei beim LVerfG angekommen zu sein.

Es wäre zu wünschen, wenn die Verbände nun nicht die noch anhängenden Widerspruchsverfahren schlicht im Vertrauen auf eine fehlerhafte Rechtsprechung des LVerfG abarbeiten, sondern die letztgültige Entscheidung des BVerfG in dieser Frage abwarten würden.

Wolf-R. Beck